Man hat mich in einem anderem Thread motiviert, für diese neue Betrugsmasche einen separaten Post zu machen.
Ich habe mich bislang für komplett immun gegen Betrugsversuche gehalten. Nun bin ich doch reingefallen. Die Betrugsmasche lief über die Deutsche Bahn. Nicht gerade ein zu erwartender Angriffsvektor. Dumm von mir war's natürlich dennoch.
Ich war definitiv zu gutgläubig - aber der Aufwand, den diese Dame betrieben hat, war immens. Die Frau stellte sich als Berliner Politikwissenschafts-Studentin vor, sie schien auch sehr gebildet und über aktuelle politische Ereignisse wie die Wahl in Brandenburg wohlinformiert. Wir wechselten auf Telegram und tauschten gestern Abend zahllose Audionachrichten aus und hatten heute sogar drei Videochats. Alles passte zusammen, und mir schien der Aufwand für einen Scam irgendwann auch mal viel zu gross. Sie hatte keinerlei Angst, ihr Gesicht und ihre Umgebung zu zeigen.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob sie einen echten Namen angegeben hat (oder ob auch noch ein Identitätsbetrug vorliegt). Es gibt allerdings tatsächlich ein Insta-Profil mit ihrem vollen Namen (drei Vornamen, wovon der eine auch Teil des MSD-Usernamens war) und eine gleichnamige Person an einer Berliner Uni bei der Studierendenvertretung. Ich könnte natürlich versuchen, sie über die Uni zu kontaktieren und sie so wissen zu lassen, dass es mir ernst ist, die Kohle von ihr selbst zurück zu bekommen - aber das ist wohl riskant wegen ner Verleumdungs-Gegenklage und ich müsste wohl - wenn schon - den sauberen Weg über eine Anzeige gehen. Ihre Profilbilder schlugen in der Reverse-Image-Suche nicht an und stimmten mit der Person überein, die ich im Videochat sah. Verdächtig ist allenfalls, dass unter ihrem Namen (sie behauptete, demnächst ihren Master zu machen) keinerlei Publikationen oder Assistenztätigkeiten zu ergoogeln waren und auch kein sinnvolles Linkedin-Profil sichtbar war (nur ein sehr leeres).
Zurück zu heute Morgen.
Vereinbart war ein Date mit mir (ca. 7 Bahnstunden weit weg) vor ihrem Semesterbeginn nächste Woche. Sie wolle in meiner Gegend ohnehin noch Freunde besuchen, ob ich ihr denn beim Ticket und Hotel ein wenig finanziell helfen könne, sonst wolle sie nichts. Natürlich läuten da alle Alarmglocken betreffend "Vorschussbetrug" - aber sie machte das sehr perfid: Sie gab vor, DB-Tickets für die Anreise zu kaufen.
Auf den offenbar nicht manipulierten Screenshots der DB-Spartickets, die sie gebucht hatte, stand zwar "nicht stornierbar", aber jetzt kommt's: tatsächlich sagen die AGB der Bahn, dass alle - auch nicht stornierbare - Online-Tickets innert 3 Stunden nach Kauf stornierbar sind, was ich leider nicht wusste. Scheibenkleister, voll reingetappt.
Ich zahlte demnach via Paypal 200 Euro als Kostenbeitrag, wobei sie mich vorher sogar per Videocall sehr süss gebeten hatte, ihr den ganzen Betrag von 294 Euro zu bezahlen, da sie doch eine arme Bafög-Studentin sei. Auch da wieder: Da hätte ich stutzig werden müssen. Aber die nicht stornierbaren Tickets waren echt, da war ich mir sicher.
Die Paypal-Überweisung klappte. Ich war aber dennoch skeptisch und schaute unter der DB-Buchungsnummer und dem Nachnamen auf der DB-Website nach - die Tickets waren tatsächlich kurz nach dem Kauf storniert worden.
Ich fragte sie umgehend per Videocall, weshalb die Tickets storniert seien. Sie behauptete, nichts storniert zu haben, sie schaue das an und melde sich wieder... blockierte mich nach diesem Anruf aber natürlich umgehend (in Telegram und auf MSD) und löschte den ganzen Chatverlauf. Ich konnte gerade noch Screenshots des ganzen Chats machen, diese wären also als Beweismittel für eine Anzeige durchaus vorhanden. Nur, ob sich der ganze Aufwand lohnt?
Ich konnte den Scam nur aufdecken, weil mir einfiel, dass ich mit der Auftragsnummer und dem (offenbar echten) Namen den Status der Tickets einsehen kann. Leider aber zu spät, die 200 Euro waren weg. Eine technisch wenig affine Person würde kaum drauf kommen, das zu checken, und würde erwartungsfroh am Bahnhof stehen - und natürlich niemanden antreffen.
Die Userin habe ich natürlich sofort bei MSD, Gmail, Telegram, bei der DB und Paypal gemeldet. MSD hat die Userin nach etwa 2 Stunden entfernt. Das Geld via Paypal zurück zu bekommen, dürfte unmöglich sein, da es bei solchen Überweisungen keinen Käuferschutz gibt. Zumindest versuche ich ein Chargebackverfahren bei der Kreditkarte, die bei Paypal hinterlegt ist. Wenn ich das ganze mit einer polizeilichen Anzeige untermauere, könnte es gewisse Chancen geben. Vorerst habe ich der Userin über ihre gmail-Adresse mitgeteilt, dass sie bis morgen um 10 Uhr Zeit hat, die Kohle zurückzuzahlen, ohne dass ich weitere Schritte einleite.